Die neuseeländische Luft! Jedes Buch über Neuseeland preist sie, jeder, der einmal da war, schwärmt von ihr und so sehr es mir widerstrebt, mit allen anderen lobzuhudeln: Die Luft! Was für eine Luft! Atmet sich weg wie frischgezapft, duftet herrlich, schmeckt gut (ja, schmeckt gut!) und ist wahrscheinlich sogar, wie fast alles hier in Neuseeland, glutenfrei!
Und das sagt jemand, der wirklich, wirklich überrascht war, so etwas überhaupt wahrnehmen zu können.
Nach 37 Stunden Anreise fühlte ich mich wie ein Taucher aus einem alten Abenteuerfilm, den Kopf in einem riesigen und dennoch zu kleinen Kupferhelm dessen Luftschlauch jemand abgeknickt hat. Die Nase war zu, auf einem Ohr war ich praktisch taub, das andere tat weh. Dass mein ohnehin nicht besonders ausgeprägter Geruchssinn sich völlig verabschiedet hatte, merkte ich daran, dass ich nicht zu stinken schien – und stinken musste ich ja wohl nach diesem langen Trip und ohne Dusche zwischendurch! Und dann öffnete sich die Schiebetür und … Die Luft! Keine Ahnung, wie sie es bis zu den paar welken Geruchsrezeptoren, die irgendwo unter einer dicken unappetitlichen Schicht von erkältungs- und flugzeugluftbedingten Ablagerungen in einem von der modernen Medizin bisher nicht nicht entdeckten Seitengang einer Neben-Nebenhöhle überdauert haben mussten, schaffte, aber sie roch ein herrlich. Nach Meer und Erde und Blüten, süß, aber mit Biss, sie lässt Erinnerungen aufblitzen an andere Orte, an ganz bestimmte Wetter und Jahreszeiten und all die Erinnerungen passen nicht zusammen und sind wieder verschwunden, bevor man ein Bild zu fassen kiegt. Ich schätze, sie riecht einfach nach Neuseeland. Um genau zu sein und in diesem Fall nach dem Vorplatz des Flughafens Christchurch. Sehr, sehr gut jedenfalls.
(Sumner bei Christchurch. Wenn man sowas sieht, wundert einen gute-Luft-mäßig gar nichts mehr.)
Man ist in Neuseeland nie allzuweit zum Meer, es gibt kaum Industrie, grad mal 4 Millionen Menschen auf einem Gebiet das größer ist als Großbrittanien und die nächsten großen Landmassen sind tausende Kilometer entfernt und heißen Australien und Antarktis – Neuseeland ist jederzeit gut durchgelüftet.
Nach soviel Lob muss ich einen Haftungsausschluss anfügen: Vielleicht ist meine ganze Schwärmerei Quatsch und die neuseeländische Luft einfach nur ganz gewöhnliche, halbwegs frische Ottonormal-Luft, denn nachdem ich 37 Stunden Reise hätte ich wohl alles, was mir um die Nase weht und keine Flugzeug- bzw. Flughafenluft ist, euphorisch besungen. Wir werden sehen, ob ich nach dem Rückflug, wenn ich Ende Januar mit schwerstem Flugkoller aus dem Flughafen Tegel taumele eine ähnliche Eloge auf die gute alte Berliner Luft schreibe.